Dienstag, 6. August 2013

Spaziergang mit unseren Geistern


Von Gespenstern unserer Vergangenheit begleitet gehe ich die Straßen entlang und werde an jeder Kreuzung von Erinnerungen fast überfahren. Am Park beim Alex bleibe ich kurz stehen und sehe uns auf der Wiese liegen, wie wir uns kuschelnd unterhalten. Als ich näher komme, schallen Gesprächsfetzen in meinen Ohren wieder: „Du bist der erste Mensch bei dem ich so sein kann wie ich bin“ höre ich dich laut und deutlich sagen, bevor dir Tränen die Wangen herunterlaufen und du mit mir über Dinge redest, die du noch nie laut dachtest. Mein Geister-Ich setzt sich auf und umschließt deine unsicher zitternden Hände mit ihren. Deine von Tränen und zu lange getragenen Kontaktlinsen geröteten Augen sehen mich voller Liebe an und flüstern dankbar „ich liebe dich.“ Mich an die Realität klammernd, atme ich tief aus und versuche mir ins Gedächtnis zu rufen, dass es vorbei ist, wie der letzte Blick den du mir geschenkt hast unmissverständlich klarstellte. Denn dieser versprühte puren Hass wo einst Liebe war. Und nun laufen mir Tränen von den blasen Wangen.
Meine Knie zittern wie Espenlaub, als ich mich zwinge weiter zu gehen und dich zu vergessen, als um mich herum plötzlich die Sonne untergeht und ich zu dem Geist werde, der dort gerade noch neben dir auf der Wiese lag. So nah bei dir zu sein und noch einmal diese liebevollen Blicke zu spüren, die ich schon so lange nicht mehr erwidern dürfte, lässt mich augenblicklich in Tränen ausbrechen. Du küsst mich und versprichst mir das du mich nie alleine lassen wirst, versicherst mir, dass ich jetzt deine Familie bin. Diese Worte, auch wenn ich sie schon einmal hörte, bringen mein angeschlagenes Herz dazu Purzelbäume zu schlagen und meine Gedanken scheinen sich vor Anstrengung zu übergeben, denn ich kann auf einmal keinen klaren Gedanken mehr fassen. Du beruhigst mich, ohne zu wissen, dass du gerade mein Zukünftiges Ich tröstest, welches du erst vor kurzer Zeit verlassen hast. Wie früher küsst du meine Stirn, um mir Sicherheit und Geborgenheit zu schenken und flüsterst mir die süßesten Dinge ins Ohr – da warst du wieder, die Person die ich so lange vermisst habe – mein Ruhepol.
Ich lasse mich fallen in die Absurdität dieser Situation und versuche jeden Moment in mir aufzunehmen und abzuspeichern. Ob ich schon damals im Park urplötzlich anfing zu weinen? Ob ich verhindern könnte, was in knapp 10 Monaten passieren wird? Die bunten Lichter der umliegenden schlafenden Stadt wechseln blitzschnell die Farbe und deine Lippen bewegen sich abnormal schnell zu immer langsamer werdenden Wörter, die sich auf einmal ziehen wie Kaugummi. Gerade als ich dich noch ein letztes Mal küssen will kitzelt mich die Sonne auf der Nase unter meinen geschlossenen Augen. Ich stehe wieder alleine auf dem Gehweg und unsere Geister rennen verliebt und turtelnd in die schon gedruckte elende Zukunft, welche das Schicksal für sie bereithält.

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