Freitag, 9. August 2013

Während ich weine, postest du Fotos von deinem neuen Leben...

In einer warmen Sommernacht sitze ich mit Freunden auf ein Bier im Park und 
kaum vertiefen sich die Gespräche der Anderen, beginnen meine Gedanken Situationen zu simulieren, in welchen wir damals zusammen im Park lagen und du mir aus
Erich Kästners "Fabian" vorgelesen hast.
Auch wenn du nicht der beste Vorleser warst und ich das Buch zuvor schon zweimal gelesen hatte, hing ich an deinen Lippen und jedes Wort aus deinem Mund hatte etwas Magisches und Neues. Mit freiem Oberkörper und deiner großen braunen Nerdbrille,
saßt du im Schneidersitz auf der nur mäßig grünen Wiese, um mir von den Auswirkungen des Ersten Weltkrieges und dem Verfall der Weimarer Republik zu berichten,
während mein Kopf auf deinen ruhigen Knien ruhte und im Teich nebenan Entenfamilien Schutz vor der Sonne suchten.
Ich konnte meine Augen nie von deinem konzentrierten Blicken abwenden, wie deine Pupillen rasch die Zeilen überflogen, ohne inne zu halten.

Den letzten Schluck kühles Bier wahrnehmend, verlasse ich mein Gedankenkonstrukt um mich wieder den Gesprächen meiner Freundinnen zu widmen.
Doch schon wenige Gesprächsthemen später hängen meine Gedanken erneut Erinnerungen hinterher.
Unsere Park-Affinität hatte schon sehr früh begonnen, als wir auf dem Weg zu dir den nächsten Bäcker stürmten, um uns Brötchen zu kaufen, welche wir mit, in der Sonne geschmolzenen Schokolade, dem jeweils anderen spielerisch in den Mund steckten, um anschließend den Rest mit unzähligen Küssen aus unseren Gesichtern zu entfernen.
Von da an machten wir es regelrecht zu unserem Hobby auf Wiesen oder ähnlichen Grünflächen herumzuliegen, auch wenn es nur zum Ausspannen war.
Wie als wir auf dem Weg von der Uni nach Hause spontan unsere Fahrräder an eine Laterne ketteten, um auf einer kleinen Wiese zwischen Hauptbahnhof und Autobahn ein Nickerchen zu halten.
Mein Gesicht tief in deine Schulter vergraben, versteckte ich meine schutzlosen Augen vor der grellen Sonne, während du mir mit geschlossenen Augen zum letzten Mal unser Lied zum Einschlafen vorsummtest.

Meinen Freundinnen muss ich einen recht teilnahmslosen Anblick dargeboten haben, denn ich reagiere erst auf wiederholte Versuche, mich aus meiner Traumwelt zu entreißen.
Die Versuche mich von meinem Kummer abzulenken sind auch heute wieder gescheitert,
weshalb ich geknickt und halb betrunken den Weg nach Hause antrete, um im Zimmer unter dir Geräusche und Bewegungen deinerseits zu erhaschen.
Zu der Musik unseres Lieblingsfilmes weinend, sitze ich, mittlerweile in der kühlen Luft der fortgeschrittenen Nacht, auf meinem Fensterbrett und rauche mit schlotternden Lippen meine letzte Zigarette.
Um mich dir näher zu fühlen, durchforste ich, mit von Tränen verschmierten Augen, wiederholt dein Facebook-Profil, um festzustellen das es dir sehr viel besser zu gehen scheint, als mir.
Denn während ich weinend im Fensterbrett unter dir hocke und jämmerlich dein Profil stalke, postest du Fotos aus deinem wundervollen Leben ohne mich.

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